Etwas eirig die Ovale, aber aus dem Shibori-Museum in Kyoto. |
Mein erster Mustermittwoch hier im Blog 2019... So lange war ich noch nie raus... Ich bin so angefüllt mit Inspirationen, Gedanken und Emotionen aus drei Wochen Kreativreise im Februar und drei Wochen Japanreise im März... Ein bisschen drangeblieben an den Mustermittwochthemen bin ich auf Instagram... Aber ehrlich, ein Blogpost ist schon ein bisschen was anderes. Und ich habe das Blogschreiben vermisst, das Bloglesen auch... Mal schauen, ob ich jetzt so nach und nach wieder in einen Rhythmus hineinkomme. "Stoff" zum Erzählen und Zeigen habe ich ja nun in Mengen...Wusstet ihr, dass allein in und um Kyoto herum mehr als 80 Arten von Shibori praktiziert werden bzw. werden?
Nicht die Farbe kommt in den Topf (rechts), sondern der Stoff, der weiß bleiben soll... Fest vertäut kommt dann der ganze Topf in die Farbe... |
Ins Shibori-Museum kam ich am 17.3. rein zufällig... Bei der Besichtigung des Stadtplans und der Überlegung, was wir an unserem letzten Tag in Kyoto, dem Geburtstag meines Mannes noch Schönes machen könnten, kamen wir auf den Park des alten Kaiserpalastes. Denn eigentlich war Kyoto mal die Hauptstadt von Japan... Und Tokyo ist die Umkehrung des alten Hauptstadtnamens... Quasi um die Ecke von diesem Park tauchte die Bezeichnung Shibori-Museum auf und ich war sofort "entflammt"... Und wie zur Empfehlung regnete es vormittags, perfekt für Museum. Wir wurden nicht enttäuscht und als wir anschließend zum kaiserlichen Park gingen, schien wieder die Sonne...
Nur einige wenige aus der schier unglaublichen Fülle an Shibori-Arten. |
Beim Shibori wird mit unterschiedlichen Mitteln versucht zu verhindern, dass Farbe an den Stoff kommt... Shibori kommt vom japanischen Verb shiboru, was so etwas wie Drücken, Pressen, Quetschen bedeutet. An die Stellen, an denen der Stoff auf verschiedene Weisen zusammengepresst wird, kommt die Farbe nicht oder ganz schlecht hin... Ich kannte bis dahin nur Schnür-, Falt- und Näh-Shibori... Mir gingen wirklich die Augen über angesichts der Fülle an Möglichkeiten. Es ist nur ein kleines Museum, aber ich war unfähig alles zu erfassen und zu durchdringen, obwohl eine der netten engagierten Mitarbeiter*innen mir viel auf Englisch erklärt hat und auch ein informativer 20minütiger Film gezeigt wurde... Ich drück mich mal ganz ungewohnt aus, aber es trifft ja zu: ich war "total geflasht"...
Wo in früheren Zeiten die Farbe mit Bambus vom Stoff ferngehalten wurde, kommt heute Plastik zum Einsatz, sehr viel komfortabler, aber immer noch eine enorme zeitaufwendige Arbeit, besonders bei den kleinen, winzigen Mustern. Hui, alles so abzubinden, von Hand... Hunderte winziger Hütchen mit einem Loch in der Spitze ergeben z. B. diese wie gepünktelt wirkenden Musterzeichnungen...
Das kleine Original-Shibori-Stoffstückchen hier unten habe ich mir aus dem wunderschönen Museums-Shop mitgenommen. Mal schauen, was daraus wird. Das Muster wirkt übrigens dreidimensional, weil es nach dem Färben nicht gebügelt, sondern nur gedämpft wird, so dass die Stoffmanipulation sichtbar bleibt, die durch das Abbinden der vielen winzigen Flächen entsteht.
Das Museum enthält neben der ständigen Ausstellung zu den Shibori-Techniken auch regelmäßig eine temporäre Ausstellung, aktuell gerade eine zeitgenössische Arbeit von über 12 Metern Länge und 2,2 Metern Höhe, ein Panorama über einen Tag vom Morgen bis zur Nacht in der Landschaft rund um Kyoto. Hier könnt ihr die allein dabei zur Anwendung gekommenen Shibori-Techniken in der Aufzählung sehen, und darunter das Gestaltungs- und Farb-/Färbe-Konzept. Das Panorama besteht aus mehreren Seidenbahnen, die aber immer alle zusammen - je nach Phase und Fortschritt - reserviert und gefärbt wurden. Denn - wie ich es ja auch von der Wachsbatik her kenne - es wäre unmöglich, mehrmals denselben Farbton beim Färben zu erreichen. Ein bisschen übersteigt das alles noch immer meine Vorstellungskraft. Dass so eine Arbeit Monate bis Jahre in Anspruch nimmt ist mir aber schon klar geworden...
Hier zwei Ausschnitte. Morgendunst- und Nachtstimmung mit dem hellen vollen Mond, ein Motiv, das in Japan besonders geliebt wird. Eins unserer Zimmer, in denen wir in verschiedenen Ryokans übernachteten, hieß so.
Mitgenommen habe ich mir dann aus dem Shop noch dieses Papier-Shibori, auch ein Näh- oder Stiched-Shibori:
Nachdem ich die Papiere behutsam auseinander- und wieder zusammengefaltet hatte, wurde mir ihre Herstellung ein bisschen klarer, vor allem, da ich bei Brunhilde Scheidmeir und Jude Kingshott im Februar schon meine ersten Stitched Shiboris auf Stoff gemacht hatte. Also wollte ich es nun selber auf Papier versuchen, auf weichem aus Japan mitgebrachten Washi-Papier. Als ersten Versuch und Collage-Material lasse ich es auch gern gelten, aber es will natürlich weiter probiert werden. Länger färben z. B. oder sich vielleicht doch mit nur einem Streifen und zwei Faltungen begnügen? Denn beim Auseinanderfalten nach dem Trocken wurde klar, dass die Farbe nicht bis in die Tiefe der Faltung vordrang, trotz 12stündigen Einweichens der zusammengestickten (Ovale) und zusammengeklemmten (Kreise) Bündel in Wasser. Da dachte ich doch, dass die Farbe tiefer in die Papierfasern vordringt.
Klemm-Shibori, gefaltet zwischen zwei Unterlegscheiben. Stitched-Shibori, gefaltet und mit ovalen Formen zusammengenäht |
Ich hatte ein Glas alter blauer Batikrestfarbe verwendet und mit grüner aufgefüllt, weil meine Klemmkonstruktion nicht voll mit Farbflüssigkeit bedeckt war. Witzigerweise hat sich die Farbe nicht gemischt, sondern es sind sowohl blaue als auch grüne Farbspuren sichtbar geworden. Da die Farben nach dem Trocknen sehr flau und flach geworden waren, habe ich gewachst und ausgebügelt, so sind sie etwas intensiver geworden.
Hier rechts unten hat sich übrigens ein kleines Wesen eingeschlichen. Es erinnert mich an eine der zahlreichen japanischen Gottheiten, die einem in Japan überall begegnen. Sie sehen meist sehr gutmütig aus und entlockten mir oft ein Lächeln. Zum Schluss zeige ich euch die beiden Stitched Shiboris aus dem schon erwähnten Ecoprint-Indigo-Buchbindekurs in Speyer. Wenn man Jude Kingshotts Hinweise und die daraus folgenden Prinzipien beachtet, ist dann Stitched Shibori gar nicht mehr so schwer. Aber es ist nichts für solche, die ein fixes Ergebnis brauchen ;-). Aber ich hab's ja eher mit den langsamen Techniken...
Ich bin noch nicht fertig mit Shibori in Japan, da werdet ihr wohl noch mal etwas zu sehen bekommen. Mehr ist euch heute auch nur erspart geblieben, weil ich den Laptop meines Mannes neuerdings zum Foto-Herunterladen brauche, meines will nämlich nicht mehr soviel Datenfutter... Und mein Mann ist meist nur am Wochenende hier. So. Ist. Das. Soudesuka! Aber ich glaube, der Post ist auch so lang und bunt genug geworden.
Mustermittwoch bei Michaela
Ach, Ghislana, was hast du für wunderbare Eindrücke von deiner Reise mitgebracht! Die Stoffe sind wunderschön, auch deine Ergebnisse! Dass auch das Abbinden eine Kunst ist, sieht man bei Veronika Moos, an die ich sofort denken musste, als ich das Foto mit den vier weiß abgebundenen Stoffen sah.
AntwortenLöschenIch freue mich auf weitere Bericht und schicke liebe Grüße
Christine
alte Handwerkstechnik... Dafür habe ich inzwischen wohl keine Geduld mehr, der Kopf will beschäftigt sein. Wobei diese Kombination Stickerei und Färberei hat ja was Faszinierendes. Das letzte Werk ist ja ein schönes Produkt vieler Zufälle.
AntwortenLöschenLG
Astrid
Liebe Ghislana, ist das toll, hier bei dir heute zu lesen! So eine Fülle an Informationen und Einsichten! Sowas schafft halt Instagram nicht, und genau deshalb an dieser Stelle ein Hoch auf die Blogs! Wow, da wäre ich auch gerne vor ort in dem Museum gewesen - ein Reichtum an Eindrücken und Staunen! Also so ein Shibori-Kurs bei Jude würde mich auch reizen, das ist ja so ein weites Feld....Vielleicht klappt es im nächsten Jahr bei mir. Vielen Dank für das feine Lesen und Bestaunen heute bei dir und lieben Gruß. Susanne
AntwortenLöschenAch ist das herrlich und passt so wunderbar. Gerade heute morgen habe ich bei @missredfox gelesen, dass sie sich so auf den Besuch in eben diesem Museum freut, ist das nicht verrückt. Ich mag deine Versuche auf Papier und alle deine Mitbringsel und Erzählungen aus Japan. Vielen Dank dafür und ganz herzlichen Musterdank, du kommst wieder in den Rhythmus, das sehe ich schon. Liebe Grüße
AntwortenLöschenMichaela
Seit ich vor Jahren ein japanisches Shiboribuch in den Händen hatte, bin ich großer Fan.Die veilfältigkeit dieser Technik ist toll. So schön, dass du in Japan Originalstückchen erwerben konntest. Einfach hüten.Der Aufwand dieser Miniabbindungen ist enorm, aber sehr effektvoll. Im Grassimuseum Leipzig konnte ih das mal im Orginal sehen. Zur Stoffspielerei habe ich es dann ja auch mal selber versucht.
AntwortenLöschenWenn man das Papier vorher anfeuchtet, können die Farbpigmente besser wandern, denke ich.Das Blatt ist dir sehr gelungen. Das hat alles Suchtpotential, gefährlich!
viele Grüße, Karen
Ist das heute spannend bei dir...und du bist ja schon wieder mittendrin im Experimentieren und verarbeitest die neuen Eindrücke! Auf diesem Museumsbesuch hätte ich dich ja zu gerne begleitet, diese Technik begeistert mich auch sehr...vor vielen Jahren habe ich einige Versuche mit Seide gemacht.
AntwortenLöschenIch freu mich auf weitere stoffliche Versuche bei dir!
Liebe Grüße Urike
Dein Post erinnert mich gleich an einen Färbekurs, wo fast alle Teilnehmerinnen bis spät in die Nacht genäht, geknotet und abgebunden ...haben, um am nächsten Tag diese Stoffe zu färben. So viele "AAA" und "OOO" und Begeisterung beim Auspacken der Stoffpäckchen.
AntwortenLöschenVielen Dank für's visuelle Mitnehmen.
Liebe Inselgrüße
Kerstin
sehr schöne inspiration :)
AntwortenLöschenWie unglaublich facettenreich das Färben (allein in einem Land) bewerkstelligt werden kann! Die Motive sind eins schöner als das andere, sich zu entscheiden, welches mit darf. Deine Näh- und Klemm-Färbeexperimente sind schon spannend.
AntwortenLöschenBirgit
Wunderbar! So viel interessantes! Und noch mehr Sehenswertes! Wie schriebst Du: geflashed. Dem kann ich mich nur anschließen. Ich mag ja Batik und Shibori sehr gern und Deine Ergebnisse sind auch wunderschön geworden. Bin auf ganz viel Inspiration gespannt
AntwortenLöschenLiebe Grüsse
Nina
Liebe Ghislana, Deine Berichte zu lesen macht große Freude. Ich habe schon viel über Shibori gelesen, es aber noch nie ausprobiert. Du bringst mich sehr in Versuchung. Aber ich muss momentan meine Kräfte gut einteilen. Vor allem werde ich mir in den nächsten Tagen Zeit nehmen, Deine Berichte noch einmal ganz in Ruhe zu lesen.
AntwortenLöschenMagdalena
Liebe Ghislana,
AntwortenLöschenein sehr interessanter Bericht. Wie schön, dass Du das Shibori-Museum besuchen konntest. Und ich bin gespannt auf weitere Shibori-Versuche von Dir.
viele Grüße Margot
ich könnte noch stundenlang deinen shibori-geschichten lauschen und beneide dich ein bisschen um diesen besuch im museum in kyoto. aber du hast ja schöne bilder mitgebracht. diese minimüsterchen sind ja hinreißend - was für ein unglaubliches wissen, erfahrung und arbeit dahinter steckt!! deine eigenen versuche finde ich sehr spannend. natürlich hab ich gleich lust bekommen, auch ein bisschen zu experimentieren...
AntwortenLöschenschön, dass du wieder da bist!!
liebe grüße
mano
Wow, das ist ja interessant, was du berichtest. Shibori steht definitiv auf meinem Programm für 2020! Ich habe bei Brunhilde ein paar Papiere gesehen, als ich zum Workshop mit Jette Clover in Speyer war. Da bin ich schon aus den Latschen gekippt, so schön waren die. Dein Museumsbesuch hat mir jetzt wieder einen Anstoß gegeben. Und ich beneide dich um den Einkauf im Museumsshop. Heiligtümer hast du mitgebracht, die ich wohl so lassen würde, wie sie sind.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
ela
Ui, das ist fein! Ich habe gerade für mich verknüpft: ein Sibori-Paravent. Das sähe sicher wunderschön aus! Liebe Grüße, Taija
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