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Samstag, 4. Juli 2015

(M)ein wilder Garten (29) - Juni-Rückblick

Kolkwitzie und Tamarisken-Flieder standen in der ersten Junihälfte in voller Blüte, eine netter rosa Gruß auf dem Heimweg oder beim Vorbeifahren, zu meinem Jammer nicht sehr insektentauglich außerhalb der kurzen Blüte.
Dafür aber die hier: Seit dem letzten Jahr stand diese Königskerzenrosette bereit, um....

... im Juni durchzustarten... Noch blüht sie nicht, aber dann werden mir beim Heimkommen die Bienen und Hummeln in den Weg fliegen ;-).
Über ein Jahr lang habe ich regelmäßig wöchentlich, seit letztem Herbst monatlich, Einblick in meinen Hortus tranquillitatis, in meinen Garten der Gelassenheit gewährt. Das hat mir viel Freude gemacht, auch eure Reaktionen und eure Beteiligung mit eigenen Posts sind in diese Freude eingeschlossen. Mit der Regelmäßigkeit dieser Posts höre ich jetzt auf, ich spüre, dass ich wieder unabhängiger und spontaner sein möchte, was auch meine Beteiligung an entsprechenden Foren zum Naturgärtnern im Web, außerhalb des Blogs, angeht. (Vgl. dazu meine Liste relevanter Links am Schluss des Posts)

Mai und Juni waren entsetzlich trocken und viele Pflanzen ließen "die Flügel", also die Blätter..., hängen. Der Garten ist zwar klein, aber zu groß, um ihn komplett bewässern zu können, wenn die über 3000 l gesammeltes Regenwasser ausgehen und es nicht regnet...
Dann ist es gut zu wissen, welche Pflanzen sich dann von allein wieder erholen, sobald endlich Regen fällt, wie z. B. Waldgeißblatt und Oregano. Aber dieser Anblick kann einen Gärtner doch schon verzweifelt schlucken lassen...
Ich werde meine wilden Gartenblicke ab jetzt also eher sporadisch fortsetzen, d. h. nicht mehr auf den Punkt genau am Monatsende und heute schalte ich dazu auch zum letzten Mal ein Linktool frei. Aber wenn ich wilde Gartenbeiträge poste - und das werde ich garantiert tun - könnt ihr immer wieder gern hier bei mir in Kommentaren auch auf eure wilden Gartenbeiträge aufmerksam machen. Der Fokus sollte darauf liegen, was euer Garten auch als Gastgeber für heimische wilde Flora und Fauna anzubieten hat. Denn die können Unterstützung durch uns Gärtner gut gebrauchen. Dass sich ein schöner Garten und seine Nähe zu heimischer Natur nicht ausschließen, ist inzwischen in zahlreichen Gärten bewiesen. Und auch, dass Schönheit auch etwas anderes als steril oder gestylt und total kontrolliert bedeuten kann, z. B. ein wenig charmantes (Ver)wildern zulassen, Überraschungen sind garantiert und viel Lebendigkeit.

Das gelbblühende Waldgeißblatt blühte üppig und lockte Hummeln und Schwärmer an. Sogar das Taubenschwänzchen und ein mir ganz unbekannter riesengroßer tiefdunkler Nachtschwärmer summte herbei.
Auchlin ks vorbei am Haus nach hinten in den Garten rahmte das Waldgeißblatt den Weg. Schläuche im Garten, ein seltener Anblick bei mir, aber es musste sein, die Regenfässer waren leer, normalerweise reichen sie für das, was zu gießen ist an Ansaaten oder frisch Gepflanztem.
Rechts von diesem Weg kurz vor dem Treppchen zur Terrasse ein kleiner Blickfang mit der "blauen Ecke", in der "nutzloses" oder im Haushalt nicht mehr gebrauchsfähiges Keramiksammelsurium einen Saisonplatz hat und Farbe in diese sehr dunkle Gartenpassage bringt.
Auf der Terrasse auch blau: die Polsterglockenblumen haben sich über die Jahre selbst aus dem Topf geschüttet, ich lasse es einstweilen so...
Manchmal habe ich den Verdacht, auch aus Gärten sollen Vergängliches und Tod als Bestandteil und Durchgangsstadium (!) natürlicher Kreisläufe gänzlich verbannt werden, so akribisch wird alles Verblühte und Vergangene weggeschnipselt, weggeputzt, weggekratzt. So geht Natur aber nicht. Sie arbeitet in Kreisläufen Je mehr wir das auch im Garten akzeptieren, desto gelassener können wir es dort angehen lassen. Und haben Zeit, auch den Charme des Vergänglichen wahrzunehmen, ihn mögen zu lernen und zu respektieren. 

Nun geht's rechtsherum ums Haus. Für viele ein lästiges "Un"kraut, für mich schon fast ein "ewiger Traum"... Zumindest dieses Jahr ist er dank einer Wildblumengärtnerei Wirklichkeit geworden. An den Zaun ist - wie es sich doch gehört - eine Zaunwinde gezogen, eine der Pflanzen, die ich von Kind an immer fasziniert wahrgenommen habe. Ich hoffe, sie bleibt.


Duett von Fingerhut und pfirsichblättriger Glockenblume. Beliebte "Restaurants" und "Schlafpensionen" für Insekten... Es jammert mich, dass ich meinen eigenen Fotoapparat nicht habe, mit dem geliehenen komme ich nicht recht "nah dran"...
Kurz dahinter die erste Nachtkerze, Nachtfalter-Partylokal.
Gegenüber ein Leimkraut/eine Lichtnelke (?), freiwilliger Zuzug, auch ein Falter-Liebling.
Ein Stückchen weiter die "Früchte" einer Pflanzaktion mit den Enkelmädchen im letzten Sommer: rote Bartnelke, Frauenmantel, Akelei und Sedum im Korb und einem Blumenkasten neben meinem (nur meinem!) frühen Morgen-Sonnen-Sitzplatz. Heute trank ein Zitronenfalterpärchen hingebungsvoll an den Blüten.
Nun kommt hinten rechts schon mein Hochbeet in Sicht, in dem die Kräuter kräftig gedeihen. Eine winterharte Rauke, ein Waldschaumkraut und ein Knöterich haben den Schnecken widerstanden und bringen eine besondere und frische Geschmacksnote in den Abendsalat.
Besonders gut geht es dem Salbei, ihm kann auch vielwöchige Trockenheit nichts anhaben. Seine Blüten locken viele Insekten an.
Das Zimbelkraut muss innerhalb des Hochbeets arg im Zaum gehalten werden..., also berankt es sehr entschlossen die Außenwände und lockt Hummeln an. Ein paar Blütchen kommen in meinen Salat... Ein paar der auf dem Hochbeetrand ausgelegten Steine mit "Meereswellen" waren neulich zu Gast beim Mustermittwoch.
Gleich am Hochbeet auf dem "halben" noch standfesten Tisch stehen Sedum- und Sempervivum-Kinderstube, den angeblich frostharten und dann eben doch nicht frostharten "Topfbruch" werden sie im kommenden Jahr charmant überdecken. Sie sind schneckenresistent (dennoch gibt's genug Schneckenfutter im Garten...) und trockenheitverträglich. In der Blütezeit umschwärmt von Wildbienen und Co. HIer irgendwo soll ein Insektenhotel entstehen.
Da ist immer noch soviel Freiraum, um eigene Vorlieben auszuleben, zu experimentieren, sich einzulassen auf einen aktiven Dialog mit der Natur, jenseits von Trends und Moden, die manchmal nicht nur haarscharf am guten Geschmack vorbei schlittern, sondern ganz einfach Vermarktungsinstrumente sind. Da kennen meine regelmäßigen Leser meine Meinung schon eine ganze Weile lang - eine Wirtschaft, deren Gesundheit davon abhängen soll, dass viele Menschen sinnloses Zeug kaufen, und die mit sinnloser Billig-Massenware die Ressourcen unserer Erde verschleudern, ist krank. Und zu diesem ungesunden Mechanismus zählt auch soviel an "ultimativen Trendpflanzen" (die meist nur eine oder zwei Gartensaisons überleben), soviel an Deko-"must-have"s, die angeblich unbedingt und sofort in jeden Garten müssen. Was zur Folge hat, dass sich manche Gärten erschreckend ähneln... Macht nichts, im nächsten Jahr wird neu gekauft. Leider zählt dazu inzwischen auch manches Upcycling, das soviel an neuen Schrauben, Spezialkleber und (nicht immer naturfreundlichen) allwettertauglichen Anstrichen verbraucht, dass es als Upcycling - für mich - schon wieder nicht mehr sinnvoll ist.

Sommerlicher Lieblingsarbeitsplatz...
Wildes Gärtnern - hier habe ich seit vielen Jahren viel gelernt, lerne immer noch, und hier werdet auch ihr fündig, falls euch nicht nur die Schönheit von Blumen etwas bedeutet, sondern z. B. auch die Schönheit und Nützlichkeit ihrer Besucher. Zz. kann man wunderbar beim Spazierengehen beobachten, wie die Insekten die Balkonblumen-Garnituren gekonnt umfliegen und am - manchmal glücklicherweise - ungemähten Straßenrand in den wilden Blumen landen, frei nach dem Motto "Das wahre Leben spielt daneben"... Und hier: 

Reinhard Witt, der Naturgarten e. V. und sein öffentliches Forum auf Facebook
Markus Gastl, das Hortus-Netzwerk und sein öffentliches Forum auf Facebook
Werner David und sein Blog Naturgartenfreude (und er steckt auch hinter dem o. g. Naturgartenforum auf FB). Er gärtnert auf dem Balkon, denn auch dort und auf dem Fensterbrett geht Naturgärtnern, natürlich mit anderen - wilden - Pflanzen im Topf als immer wieder Geranien und seien sie noch so schön...

Auch wenn meine Wege nicht gepflastert sind, für mich sind sie schön, die schönsten in dieser Jahreszeit. Und die schönsten Arbeitstage sind die, an denen ich es schaffe, schon morgens und dann noch einmal in Ruhe abends eine langsame Runde auf diesen Wegen zu gehen, jedes Mal, wirklich jedes Mal sind sie irgendwie neu... Lotta sammelt am Sonntag schöne Wege.

Wer Lust hat - her mit euren Gärten und ihren wilden summenden und zwitschernden Ecken! 




10 Kommentare:

  1. Sehr schön war er wieder...dein wilder Gartenblick! Ich kann deine Entscheidung sehr gut verstehen, nicht mehr regelmäßig zum Thema Garten zu posten...Ich merke nämlich auch, dass ich vor lauter Projekten gar nicht mehr dazu kommt, mal spontan etwas zu posten...oder ich muss gleich zwei Posts an einem Tag schalten...doch wer will das denn alles lesen...;-). Dir noch ein schönes Wochenende...LG Lotta.

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    1. Deine Gedanken zur Garten-Deko und zum Thema Upcyceln finde ich übrigens sehr nachdenkenswert...

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  2. ich bin schon vor einer stunde durch den garten gewandert und habe mich heute besonders an den vielen nachtkerzen erfreut, die sich hier ohne mein zutun schon vor jahren angesiedelt haben. inzwischen stehen direkt an der terrasse richtige büsche davon, die uns und viele nachtfalter abends in lauen sommernächten mit ihren voll geöffneten blüten erfreuen. eben waren die blüten noch halb geöffnet und hummeln und schwebfliegen nutzten noch die gunst der stunde.
    dein post ist mir wieder richtig ans herz gegangen und ich bin froh, dass wir von fünf nachbarn vier haben, die so wunderbar ungestylte und (halb-)wilde gärten haben. der fünfte hingegen, auf den ich leider sehr häufig herabschauen muss, ist ein alptraum für kleintiere und insekten - und für mich!! völlig zugebaut mit spielgeräten für ein einziges kind, das selten draußen ist, dicht betonzugepflastert und wilde ecken mit gift besprüht. sehr gepflegt, sehr ordentlich, sehr sauber. (würg...).
    liebe ghislana, ich bin wieder sehr gerne auf deinem gartenrundgang dabei gewesen und werde mich immer freuen, wenn du wieder darüber berichtest, egal wann.
    und du hast recht - mit so vielen geplanten posts geht die spontanität leicht verloren. ich schreib mir das auch hinter die ohren!!
    herzliche grüße
    mano

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    1. ps: ich glaube, es ist das taubenkropf-leimkraut! habs grad nochmal mit meinen weißen lichtnelken verglichen.

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  3. freier platz für wildes ! freue mich heute deinen garten zu sehen mit viele viele pflanze - und ich sehe so trocken ist es nicht , du hast gut gewässert in der regenlosezeit.

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  4. Liebe Ghislana.
    Soeben habe ich deinen tollen Blog entdeckt, dein wilder Garten ist einfach WUNDERBAR.
    Schade, dass ich das Gartenjahr verpasst habe, ich werde die Beiträge noch nachlesen. Dein Garten macht mir Mut, auch bei uns noch etwas mehr Wildheit zuzulassen. Wir sind leider von sterilen Nachbarsgärten und viel versiegelter Fläche umgeben. Aber wir versuchen, eine winzige Naturoase zu erhalten... Danke für deine Inspiration!
    Herzliche Grüsse, Yvonne.

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  5. Ich hätte es so gerne, dass die Eltern wenigstens in manchen Ecken es wild lassen würden. Doch die Peniblen wollen "Ordnung" und keine Unkräuter. Ich versuche das eine oder andere Mal solche Kleinigkeiten zu schützen, nicht darauf aufmerksam zu machen. Dein Garten ist für meine Augen ein Traum. Den ich bestimmt auch dann nicht ausleben werden kann, selbst wenn, ich den Garten der Eltern, mal übernehmen sollte. In den Kolonien sind solche wilden Gärtner stets unter Druck. Schade!
    Liebe Sonntagsgrüße
    Andrea

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  6. Liebe Ghislana,

    dein wilder Garten ist nicht nur eine Augen- sondern auch eine Wildbienenweide... worauf mich Lotta heute aufmerksam geamcht hat. Zwar kann ich kein Bld meines eigenen Gartens verlinken, der definitiv auch ein wilder wäre, aber dafür steuere ich die Bienen bei und die vielen wundervollen Bauern- und Obstgärten des Freilandmuseums.

    Herzlich, Katja

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  7. Was für ein schöner 'Abschluß'-Post zu dem Thema liebe Ghislana! Ich werde mir irgendwann mal in einer ruhigen 'Minute' mal alle andere 28 Posts zu dem Thema anschauen, denn viele habe ich anscheinend verpasst. Schließlich hinke ich fast immer mit unserem Garten hinterher und schaue daher leider nur sporadisch in die Vielfalt anderer Gärten …
    Besonders gut gefiel mir heute Deine Meinung zum Upcycling. Ja, wenn Upcycling zum Trend wird, dann sind Spezialkleber, extra dafür gekaufte Farben etc. auch kein Problem ;-)
    Sommerlich erfrischte Grüße aus dem etwas zu wilden Garten, für den Totholz und Vergänglichkeit schon seit Jahren ganz selbstverständlich dazugehört …
    Silke

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  8. ...endlich komme ich dazu, liebe Ghislana,
    eine Runde durch deinen Junigarten zu drehen und Fotos von meinem hoch zu laden, allerdings so, wie er jetzt gerade ist...
    wie schön sich die Glockenblume in deinen Garten ergießt...und Salbei muss ich auch mal wieder pflanzen, denn der große ging irgendwann nach Jahren einfach ein...die Rosette meiner Königskerze sah anders aus, die Blätter irgendwie fleischiger, so habe ich mal nachgeschaut und tatsächlich gibt es verschiedene...klar eigentlich, so vielfältig wie die Natur ist...bin jetzt gespannt, wie deine aussieht, wenn sie blüht...
    eigentlich hatte ich eine Ecke vor der Hecke mit Totholz bestückt, wollte dort nicht mähen und hoffte auf Blumen und Insekten, aber dann war ich im Urlaub und der Mitgärtner hat die Zeit genutzt und aufgeräumt...aber anderes überlässt er auch schon mir und freut sich dann auch daran...

    wünsche dir einen guten Tag,
    lieber Gruß Birgitt

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Ich freue mich sehr über eure Gedanken.
Bitte aber keine anonymen Kommentare.