Freitag, 16. Oktober 2015

Leipziger Allerlei

In Leipzig, das war wir eine Übergangswoche, noch nicht Urlaub und doch schon fast. Die sich weit weg außer Haus bildende Tochter gab mir das Mädchen zur Betreuung und das Mädchen wollte gern, dass ich nach Leipzig, nach Sachsen komme. Fünf Tage voller Erlebnisse und gedehnter Zeit, denn es gab nicht diese ständigen Aufräummahnungen aus Ecken meines Zuhauses...




Schwarze und Großblütige Königskerze, Klee, Farn, Hagebutten und Herbstfreude-Sedum vom Dorf im irdenen Krug...

Der erste Abend gehörte - rund um diesen schönen Blumenstrauß, von Enkelmädchen und der Mama am Wochenende draußen an der Mulde gepflückt - uns dreien, Lotta, Birgitt und mir, nachdem wir das Mädchen zur Ruh gelegt hatten. Endlich hatten wir einen gemeinsamen Termin gefunden und verbrachten bei Kürbissüppchen und Antipasti vom Leipzig-Lindenauer Markt intensive Gesprächsstunden, plauderten lachend, diskutierten ernsthaft und lernten uns ein gutes Stück besser kennen, als das über unsere Blogs möglich wäre. Denn nicht alles hat Platz auf einem Blog, und nicht nur aus Platzgründen. Auch in einen fruchtbaren Dialog zu treten, ist allein über den Blog manchmal nicht so leicht. Unser übereinstimmendes Resumee: gerne, gerne wieder treffen. Um einander zu fragen, zuzuhören und einander zu verstehen, nicht, um für alles eine perfekte Antwort zu haben, aber eine konsensfähige Antwort gemeinsam suchen, das geht, wenn alle das wollen. Und da hatten sich an diesem Abend nicht zum letzten Mal drei gefunden, die das wollen. 



Drinking a coffee I found these reflections in the "MdBK" in Leipzig

Den nächsten Tag verbrachte ich vormittags im Museum für Bildende Künste für Bildende Künste. Sehr schnell beschränkte ich mich und entschied nicht zu hetzen und mir lieber nur eine Etage "richtig" anzusehen und lieber bald einmal wiederzukommen. Maler des 20. Jahrhunderts - eine wunderbare Sammlung. Immer wieder etwas Besonderes ein Kunstwerk mal ganz aus der Nähe betrachten zu können. Und die Bibliothek mit Leseraum würde mich ja auch mal reizen. Regale über Regale nur mit Literatur zu Kunst, Kunstgeschichte, Kunstwissenschaft. Ein Schlaraffenland. Der Kaffee, um mich wieder zu sammeln, bescherte mir neben Spiegelungen in den verglasten Wänden auch einen besonderen Himmelsblick. Das Leipziger Firmament - ein riesiges Deckengemälde vom in Leipzig geborenen Ben Willikens - werde ich so schnell nicht vergessen können. Man hat tatsächlich den Eindruck, als schaute man weit hinaus in den Himmel. Frappierend. Ich musste immer wieder dort hinaufschauen und kann es immer noch nicht wirklich glauben, dass das da oben nur zweidimensional ist...


 
Nachmittags ein Familien-Freunde-Kinder-Nachmittag mit meinen beiden Nichten, mit insgesamt vier kleinen Kindern, ihrem Spiel und Lachen, auch ein paar Tränchen wohl, Kaffee, Kuchen, Spanisch, Gartenbüchern und munterem Erzählen...



Am nächsten Morgen fuhr ich in den Botanischen Garten der Uni Leipzig. Es war diesig, dennoch hielt ich mich so lange dort auf, dass ich den ursprünglichen Plan, auch ins Leipziger Panometer zu gehen und die Great-Barrier-Reef-Präsentation anzuschauen, erst einmal fallen ließ. Der nächste Leipzigbesuch ist aber schon geplant. Ein Schmetterlingshaus gibt es im Botanischen Garten auch zu besichtigen, auch das hebe ich mir noch auf. Seht selbst, es war einfach zauberhaft, durch die ästhetisch wie botanisch überaus sinnvoll geordneten Pflanzungen aus vielen Klimazonen der Welt zu wandern... Da fnde ich bestimmt wieder einmal hin.



Wenn ich das Mädchen vom Kindergarten abholte, kamen wir immer an diesem grünen Haus vorbei, das uns die schönsten Spiegelungen bescherte.


Sunny reflections (Leipzig-Lindenau)
 
Das Mädchen erwies sich wieder als ganz pflegeleicht. Wir lasen viel (u. a. wieder die auf so zauberhafte Art weisen Geschichten aus Die Sage von Noggin dem Nog, Schneewittchen, Vom Fischer und seiner Frau...), schnippelten und malten, spießten Obst als Mitbringsel für eine Kindergeburtstagsfeier auf und waren spazieren. Eigentlich hatte ich gar keine Arbeit, denn das "Vorschulkind" bindet schon selbst die Schuhschleifen, überredet den klemmenden Reißverschluss von der Jacke ganz alleine, kennt den richtigen Schlüssel zur Tür, ist äußerst selbständig und selbstbewusst in der Kleiderwahl und war auch nicht abgeneigt, gelegentlich den Abwasch zu übernehmen.




Am Sonntagmorgen noch einmal kleines Familientreffen, diesmal in der Wohnung der anderen Nichte, nach einem feinen Sonntagsfrühstück schloss sich ein Gang aufs nahegelegene Spinnereigelände an. Spannend, faszininerend und kreativ, was sich da schon wieder alles getan hat, seit wir dort vor knapp viereinhalb Jahren Ostern feierten. Industriearchitektur - gut konserviert und passend gemacht - steckt wieder voller Leben, voller Anregung, voller Spiel. 



Sunday-morning reflections in Leipzig, near "Spinnerei"











Junge Birken in der Spinnerei - für Lisa.
 

Dieses freundliche Willkommen an einer den Sprayer-Kreativen freigegebenen Fabrikwände hat mich besonders angelacht. Gefreut so wie manche (Blog)beiträge, die sich fundiert und ehrlich und menschlich damit beschäftigen, wie wir in Deutschland mit der Herausforderung, das Ein- oder Durchreiseziel so vieler Flüchtlinge zu sein, umgehen können. Wie auch die, die Hintergründe aufdecken, aus der Geschichte vieler historischer Wanderungsbewegungen. Die aufklären, sachlich, bestimmt, mit Fakten, ohne Rechthaberei und ohne Totschlagargumente. Manchmal leise tastend




Ohne Dialog wird es nicht gehen. Ohne Vernunft - und das bedeutet Zeit einzubringen und sich über den familiären und deutschen Tellerrand hinaus zu informieren, um zu verstehen - und Logistik auch nicht. Ohne Herz gleich gar nicht. Fakt ist, die flüchtenden Menschen kommen und haben ihre Gründe. Was in den 80ern in diesem Film Fiktion war, ist nun Realität. Diese Menschen stehen vor uns. Wer weiter zu fühlen und denken vermag als bis zur Angst um den eigenen Besitz und die eigene Ruhe, dürfte wissen, worin ein Teil der Ursachen liegt. Dass sich der globale Norden in seinen Wirtschafts- und Wirtschaftspolitikweisen und in seinem verbreiteten Konsumstil auf Kosten des Südens für immer wird schadlos halten können, niemand kann eigentlich so naiv sein, das noch immer zu glauben oder gar zu erhoffen. Leben ändert sich, immer. Auch hier. Jede/r von uns kann das mitgestalten, auf seine und ihre Weise. Schließlich sind wir Menschen. Und können miteinander reden, wertschätzend, das Gegenüber annehmend, nicht unbedingt immer in seinen Überzeugungen, nein, aber auch hinter Überzeugungen verbirgt sich ja ein Mensch. Ja, das ist schwierig, und dennoch ist meiner Überzeugung nach die einzige uns gemäße menschliche Möglichkeit, die wir haben, den Dialog immer wieder zu suchen.






Nach Haus durch den Henriettenpark, vorbei an der Annalinde, einem Leipziger Urban-Gardening-Projekt als gGmbH wirtschaftend, am Lindengold verströmendem Gymnasium, an der sonnendurchfluteten großen Eiche.






Abends am letzten Sonntag holte mich der Gefährte nach dieser entspannt-spannenden Leipzigwoche aus Sachsen nach Hause nach Brandenburg, für einen Abend zu zweit am Kamin und für nur noch ein paar weitere Übergangstage, bis wir das Haus in guten Händen lassen und für zwei Wochen nach Italien reisen, für mich nach 17 Jahren endlich mal wieder... Ich freue mich sehr darauf. Hier auf meinem Blog wird es einstweilen ruhig. Ganz planmäßig gibt's aber am letzten Oktobersonntag eine zwar kleine, aber doch schon vorbereitete neue Folge von "Mein Freund, der Baum" mit der herzlichen Einladung eure Baumfreunde hier bei mir vorzustellen und zu verlinken. Unsere Sammlung ist beachtlich.

Freitagsblumen  - von der Mulde nicht weit von Leipzig
weekend reflections  - in Leipzig 
Samstagsplausch  - über allerlei aus Leipzig
In heaven  - goldblauer Himmel über Leipzig
Bunt ist die Welt  - mit Goldblättern aus Lottas Heimat 
Freutag - Sachsen (und Leipzig) sind nicht nur eine Reise wert... Mano war gerade da.


17 Kommentare:

  1. Schön hört sich das an, was du uns von Leipzig und vor allem von deinem Bloggerinnen-Zusammentreffen erzählst. Ja, Blogs sind nicht für alles die richtige Ebene, ermöglichen einen Austausch, aber auch nur einen begrenzten. Um so toller ist es, dass ihr Zeit "außerhalb" für einander gefunden habt. LG mila

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  2. Liebe Ghislana,
    Deine Woche in Leipzig hört sich schön an, Zeit mit Deiner Enkeltochter, das Bloggertreffen, Nichtentreffen und jetzt auch noch Urlaub in Italien, wir waren auch schon in den Herbstferien in Italien und hatten dort super Wetter, konnten sogar noch im Meer baden, wenngleich man sich dann sofort anziehen mußte.
    Erhol Dich gut und komme gesund zurück
    Judika

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  3. Liebe Ghislana, viel Freude und Erholung in Italien! Schön zu sehen und zu lesen, was Du von deinem Aufenthalt in Leipzig schreibst. Das Gasometer ist wirklich einen Besuch wert, habe schon verschiedenes von Yadegar Asisi dort gesehen, toll gemachte Panoramen... LG Sabine

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  4. Das schaut nach entspannt-intensiven Tagen aus. Gefüllt mit Leben und Gedanken und für uns gibts auch noch wundervolle Fotos. Fein!

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  5. ...wie freue ich mich, liebe Ghislana,
    diesen wundervollen Strauß wieder zu sehen, auf dem mein Blick an diesem Abend immer wieder liegen blieb...ganz egal nun, dass ich selber kein Foto gemacht habe...schön, wie du unser Zusammensein beschreibst...und interessant, was du mir von meiner Heimatstadt alles berichtest...obwohl ich regelmäßig dort bin, stehen Spinnerei und Botanische Garten noch immer auf der Anschauen-wollen-Liste...
    ich wünsche euch eine schöne Zeit in Italien,

    lieber Gruß Birgitt

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  6. Ach liebe Ghislana...so ein Abend mit Dir müsste es auf Rezept geben...;-)...und Dein zauberhaftes Enkelmädchen war das i-Tüpfelchen...Viel Freude in Italien! Liebe Grüße, Lotta.

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  7. Beautiful reflections and very colourful post. Have a lovely weekend.

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  8. Was für eine herrliche bunte Zeit auf allen Ebenen... Danke fürs Teilen, da geht man ganz erfrischt aus deinem Bilderreigen heraus.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  9. All wonderful photos! Great reflections and what a cute little girl with a frog umbrella. :-)

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  10. Was für eine herrliche Woche, mit wunderbaren Eindrücken.
    Jetzt beginnt für mich auch wieder die Museumszeit. Und Berlin bietet einiges. Wobei ich unbedingt nach Leipzig fahren muss...
    Liebe Grüße
    Andrea

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  11. Liebe Ghislana,
    da bin ich ja nun auch Leipzigerin, aber noch nie im Botanischen Garten gewesen. Die Zeit ist immer kurz und reicht dann doch meist nur für Besuche der Familie. Der Zoo stand schon eher mal auf dem Programm. Von Assisi hab ich bisher zwei Projekte in Dresden gesehen. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall! Ich wünsche dir eine schöne Zeit in Italien (wir sind gerade in Südtirol...)
    LG Sigrun

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  12. lots of great photos here..excellent reflections and interesting views inside that building!

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  13. Schöne Tage in Italien! lg Regula

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  14. so schön! ich musste gleich daran denken, wie es mit meiner oma immer war, als ich noch ein kind war. ich hab es immer sehr geliebt sie besuchen zu fahren.

    viele erholsame tage in italien! vg doro

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  15. Die "Leipziger Gemüsemischung" mag ich ja nicht, deine Fotos und deinen Blumenstrauß jedoch sehr, liebe Ghislana !!!
    Ganz herzliche Grüsse und eine gute Woche, helga

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  16. ich hab deinen beitrag mindestens schon dreimal gelesen und werde es nochmal tun. aber jetzt möchte ich dir erstmal sagen, dass ich alle teile wunderbar finde - die kreativen tage mit deinem enkelmädchen (ich hab die glückskarte gesehen!), euer leipziger treffen, den botanischen garten, die spinnerei und last but not least: deine klugen gedanken zum dialog, zur mitmenschlichkeit, zur wertschätzung.
    ich hoffe, bei der nächsten "leipziger runde" kann ich dabei sein!
    herzliche grüße und noch eine ganz schöne woche im süden!
    mano

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Ich freue mich sehr über eure Gedanken.
Bitte aber keine anonymen Kommentare.