Montag, 3. August 2015

Geh'n wir in den Garten, schütteln wir die Birn' (Montags-Mandala 52)

Sommerpost! Ziemlich schnell war klar, bei mir kommt die Birne auf den Tisch die Karte. Sie ist die Frucht meiner Kindheitssommerferien. Wenn wir aus den Ferien im Sommerhäuschen nach Wochen heimkehrten, waren sie reif, einige überreif. Die lagen schon unten und ich höre noch der Mutter Mahnen: Passt auf, die Wespen. Denn die hatten sich schon hineingefressen in dieses süße Schlaraffenland. Ich kann mich noch genau an den süßen Geschmack dieser unglaublich saftigen Früchte erinnern. Nie wieder bekam ich ähnliche zu kosten. 










Eine andere Kindheitserinnerung ist mein Birnenstillleben für den Kunstunterricht, keine so schöne. Ich malte hingebungsvoll Birnen auf einen Tisch, alles fein Ton in Ton Grün und Gelb, mit Licht und Schatten, Hintergrund, ich war begeistert und hingerissen von meinem Werk, gab es selbstbewusst und voller Freude ab und bekam eine 3. Enttäuschend, demotivierend, meine künstlerisches Selbstbewusstsein war auf Jahre hin schwer verletzt... 


Dennoch konnte ich nicht davon lassen, mich irgendwie bildnerisch auszudrücken. In einem Seminar "Experimentelles Malen" erlebte ich in den 90ern viel Freude, doch gestalterisch wieder ein Desaster. Mit mir ungewohnten Acrylfarben hantierend dilletierte ich vor mich hin, blieb in Versuchen naturalistischer Darstellungen stecken und das war alles andere als experimentell. Mag sein, auch die Kursleiterin war da etwas überfordert. Ich kann mich nur noch an wenige Details ihrer Begleitung erinnern. Aber einen Satz habe ich mir gemerkt: "In jedem Bild steckt etwas. Wenn ihr es so gar nicht mögt, zerschneidet es einfach und macht was Neues daraus. Aber lasst es erst mal eine Weile liegen." Die Weile dauerte bei mir über 15 Jahre. Dieses Stückchen hat nun Gnade vor meinen Augen gefunden und wird erst mal nicht zerschnitten.











Dass es jetzt überhaupt am Tageslicht ist... Es kamen das Sommerpost-Thema Sommerfrüchtchen, mein Birnenthema und Frau Nahtlusts Post, in dem sie für Collagen zur Schere griff.... Da dachte ich sofort an das Bild im Keller, wusste ziemlich sicher, das sind genau die Farben, die ich für die Birnen brauche. Ich stieg hinunter und fand die Rolle auf Anhieb (das will was heißen). Die Birnen und die Umsetzungsidee waren gefunden! Aus einer Postkarte schnitt ich eine Birne aus, und mit diesem "Rahmen" wanderte ich über das Bild , suchte mir meine Früchtchen, zeichnete mit Hilfe der Schablone ihre Umrisse und schnitt sie aus... 


Der Einfall daraus das oben zu sehende Birnen-Mandala zu legen, sorgt jetzt dafür, dass ich fast alle Birnen zeigen kann, denn die fertigen Karten zu fotografieren, fiel mir erst ein, als schon sechs Briefumschläge zugeklebt waren... 


Die Karten sind eine Collage aus Teilen von alten Buchseiten (aus R.H. France, Die Welt der Pflanzen; das gleiche Buch verwendete schon die Raumfee mal für Frühlingspost) und eben einer "Acrylgemälde"-Birne, geklebt auf eine handgeschöpfte Karte aus Altpapier und Pflanzenmaterial. 


Zur Karte gab's das nicht nur uns Brandenburgern bekannte Fontane-Gedicht Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland und einen kleinen Brief. So gesehen zz. für Birnengeschichten aller Art äußerst sensibilisiert, fiel mir beim Märchenvorlesen in der Enkelferienzeit auf, dass Aschenputtel am zweiten Tag nach dem Tanz im Schloss dem Prinzen in einen Birnbaum entspringt... Das hätte ich mir vorher nie gemerkt...













Genug der Geschichten rund um die Birnen. Vielleicht noch dieses kleine Rezept: Ich liebe Birnen mit Roquefort-Käse auf Toast oder im Blätterteig aus dem Backofen. Und ich hätte so gerne eine süße saftige Birne, die so schmeckt wie die vor 50 Jahren von den zwei Birnbäumen in unserem Garten...



Die Sommerpost ist ein MailArt-Projekt von Tabea Heinicker und Michaela Müller. Gastgeberin und Sammlerin aller Karten ist dieses Jahr Frau Nahtlust. Dort gibt es auch Papierliebe am Montag. In diesem Monat sind Recyclingpapiere dran. Mit zerschnittenem Gemälde, zerpflückten Buchseiten und handgeschöpftem Recyclingpapier passt meine Birnenpost auch dort bestens hin. Und bald ist auch wieder Upcycling-Dienstag bei Nina.

20 Kommentare:

  1. Kunst liegt immer im Auge des Betrachters und soll in erster Linie ein Mittel sein, sich selbst auszudrücken. Solange man mit dem Ergebnis zufrieden ist und es Spaß macht, ist alles gut. Dein Bild finde ich sehr ausdrucksstark und lebendig.
    Ich male selbst schon sehr lange, vorzugsweise mit Kohle/Kreide und Acryl. Mit letzterem zu malen ist gar nicht so einfach wie man annehmen möchte. Tatsächlich sind diese Farben meiner Erfahrung nach schwieriger zu handeln als z.B. Tempera oder Öl. Deshalb solltest du da nicht zu hart mit dir ins Gericht gehen.
    Das Birnenmandala ist toll geworden, obwohl ich es wohl nie übers Herz bringen würde, eine meiner Zeichnungen zu zerschneiden, auch wenn ich noch so unzufrieden damit bin.

    LG, Varis

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  2. Jaja,so wird einem die Freude am Tun von schlechten Pädagogen/innen genommen!Das wirkt ein Leben lang nach,dabei liegt es nur am "verkehrten " Ausdrucksmittel.So traut man sich aber nicht,rumzu probieren,und kommt aus der fröhlich angegangenen Übung aus Kinder-und Jugendzeit!
    Du hast so viel toll Gestaltetes,das Medium zählt eben.
    Super die Buchseiten-gestaltung mit Birnen . 1 ! Setzen!
    KAT

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  3. Hallo,
    ich bin Textilkünstlerin und befasse mich seit einiger Zeit mit Ecoprint und Färben mit Naturfarben.
    Ich habe angefangen mich mit der Bogolan Technik zu befassen und suche eine Mörglichkeit meinen Stoff anders als mit n´galama vorzubereiten. Könnten Sie mir einen Tipp dazu geben?

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  4. Toll!! Eine so schöne Geschichte rund um die Entstehung deiner Sommerpost! Und so wunderbare Ergebnisse, ich kenne das gut. Jahrelang liegt etwas herum, um dann irgendwann überarbeitet zu werden. Oder zerschnitten. Das mache ich übrigens auch mit meinen Schülern und führt oft zu erstaunter Zufriedenheit.
    Liebe Grüße
    Christine

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  5. Wie gut, dass du dich von der 3 nicht hast demotivieren lassen (es bewahrheitet sich doch immer wieder) und dem Hinweis der Kursleiterin gefolgt bist - es findet sich ein Weg für jedes Material, wenn auch anders als zuerst gedacht. Gerade das macht Kunst und das Experimentieren mit Materialien doch so spannend. Deine Papiere wecken immer wieder die Lust in mir.....
    Alles Liebe und bis bald, Birgit

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  6. ...eine Birne also, liebe Ghislana,
    und einen Ohrwurm hast du mir jetzt auch gerade ins Ohr gesetzt...das haben wir als Kinder viel mit meiner Mutter gesungen...
    wie toll, dass du so ein altes Kunstwerk weiter verwenden und damit viel Freude schenken konntest,

    lieber Gruß Birgitt

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  7. ich hab jetzt auch einen ohrwurm! schöne birnengeschichten und schöne papierbirnen, da werden sich dir birnenkartenempfänger sicher freuen! :)
    VG und hab schöne warme sommertage, mit birnenkompott oder so
    Doro

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  8. Es ist mir wie Christine gegangen, und ich hatte Freude an der Geschichte. Birnen mag ich eigentlich nur fast unreif, deine überreifen sind allerdings eine Ausnahme. Sehr schön auch das Mandala damit.
    Bin auch in dieser Woche dran und habe meine karten schon verschickt.
    GLG
    Astrid

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  9. Sehr schöne Birnen- Karten! Ohne zu esoterisch klingen zu wollen: irgendwie macht vieles erst mit großem (zeitlichem) Abstand Sinn und bekommt dann erst seine "Bestimmung", wenn man u.U. Gar nicht mehr damit rechnet - ist doch auch verwunderlich, dass du so zielsicher genau dieses Bild erinnert hast mit seiner passenden Farbgebung, oder? Kann ja wohl nicht nur bloßer Zufall gewesen sein, oder? ;-) lG Miriam "Mecki macht"

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  10. Die sind toll geworden, deine Birnenkarten, und ich finde die Komposition äußerst gelungen, liebe Ghislana. Toll deshalb, dass du auch benutztes Material mit eingeflossen hast lassen. Perfekt! Und so tragen sich Geschichten weiter. LG. Susanne

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  11. Eine gute Wahl für die Sommerpost...und irgendwie sehr passend für dich...du hast etwas "Einheimisches" gewählt...sehr schön! Dir einen schönen und hoffentlich nicht zu heißen Tag! LG Lotta.

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  12. So schön deine Birnenkarte und die Geschichte dahinter gibt dem neu entstandenen Kunstwerk noch eine ganz persönliche Note.
    Liebe Grüsse
    sarah

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  13. Danke für den Einblick in die Entstehung deiner Sommerpost. Jetzt betrachte ich das feine Früchtchen nochmals mit ganz anderen Augen. LG von Ursula

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  14. ich bin ganz und gar hingerissen von deiner geschichte (oh ja, die demotivierenden lehrerinnen...) und ganz besonders von den wunderbaren karten, sie sind so liebevoll passend zum ribbeckschen birnengarten! ein gedicht, dass ich so liebe!
    ich wünsche dir, dass du die birnen deiner kindheit vielleicht doch noch einmal wiederfindest! hier in der nähe, aber in sachsen-anhalt, gibt es alte straßenbäume, wo wir jedes jahr die birnen aufsammeln - und die schmecken einfach ganz wunderbar!
    herzliche grüße aus dem heißen elm,
    mano

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  15. Wunderschön.
    Eines meiner Lieblingsessen im Sommer hat auch mit Birnen zu tun:
    Eine nicht zu weiche Birne wird in dicke Scheiben geschnitten und mit Frischkäse kurz überbacken. Auf die heiße, süße Birne kommt frischer, scharfer Rucola-Salat. Hach, ein Feuerwerk im Mund!

    Liebe Grüße
    Heidi

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  16. Liebe Ghislana, ich liebe Birnen ... ganz real und jeden Morgen eine zum Frühstück! Ich genieße es, Deinen Erzählungen zu folgen. In´s Havelland und in Kunstkurse, die auch nebenbei noch welche zum Wundern sind. Deine Farbauswahl ist perfekt. Ich möchte zwar der Dozentin nicht unbedingt zustimmen ("heben sie es auf und machen was anderes daraus") doch in diesem Fall war es gut. Und ich staune schon gar nicht mehr, wie sich die Dinge so trefflich zueinander fügen.
    Ich mag sehr Deine Collage mit dem selbst geschöpften Papier und wie eins zum anderen kommt. Rund wird.

    Ich schicke Dir herzliche Grüße in eine neue Woche und hoffe, dass Petrus ein Einsehen mit Euch hat.

    Deine Erika

    PS: Vergaß ich doch zu erwähnen, dass ich Fontanes Gedicht liebe ...

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  17. Grandios, deinen Schaffungsprozess verfolgen zu können. Es ist eine wunderbare Karte geworden! Ich habe mich so darüber gefreut. Und ich könnte kotzen, wenn ich das mit dem Kunstunterricht lese. Unglaublich, was da für Schaffensfreude und Kreativität nieder gemacht wurde. Zum Glück hast du diese für dich wieder entdeckt und lebst sie derart wild und bunt aus! LG mila

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  18. Deine Geschichte vom Kunstunterricht ist so typisch, Ghislana, leider! Gut, dass Du diese "Niederlage" hinter Dir gelassen hast und so wunderbare Dinge geschaffen hast. Das mit dem Zerschneiden ist gar nicht so verkehrt. Ich habe mir ein paar Stanzen gekauft (Kreise) und sehe jetzt z. B. in Zeitschriften oder alten Karten überall Muster, die ich ausstanzen könnte. Ich finde es faszinierend, wie man aus Details aus großen Bildern wieder neue Bilder machen kann.
    Wie gern würde ich Dir ein paar Birnen aus meinem Garten schicken, so sie denn was werden dieses Jahr. Sie sind klein und richtig gut. Der Birnbaum kam mit dem Garten und war - wie der Salbeistrauch - ein unerwartetes Geschenk. Birnen gehören auch zu meinen Kindheitserinnerungen. Wir hatten nur einen einzigen Baum neben diversen Apfel- und Pflaumenbäumen, und die Früchte waren immer etwas Besonderes.

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  19. Oh ist das toll. Ich bin total gerührt von Deiner GEschichte und den tollen Karten! So schön! LG maika

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  20. Liebe Ghislana,
    vielen Dank für deine lieben Worte zu meinen Häkelbirnen. Da jetzt neugierig war, hab ich mich direkt auf die Suche nach deinen Birnen begeben. Deine Idee das Bild sozusagen zu recyceln finde ich ganz fantastisch. Deine Birnen haben mich sofort an die Abate Fetelnerinnert, die wir hier sehr gern essen. Ich bin tief beeindruckt von deiner Kreativität. Wunderschön!!!
    LG Petra

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Ich freue mich sehr über eure Gedanken.
Bitte aber keine anonymen Kommentare.