Dienstag, 10. September 2013

Holunder - Alltagsheld - auch zur Bruchprophylaxe...

In einer der Fachschulen, in der ich arbeite, sind wir unter einem Dach mit lernenden Ergotherapeuten. Zum Lehrplan gehört Keramik. Nicht jede/r Studierende entwickelt so eine innige Beziehung zum Arbeiten mit Ton und zu seinen Werkstücken, dass er sie mit nach Hause nehmen oder  verschenken möchte. Ja manchmal bleibt auch was halbfertig stehen, was vielleicht eigentlich noch für eine Glasur vorgesehen war. Da ist es schöner Brauch - wenn die Regale von nicht abgeholten Dingen überfüllt sind und der Platz für neue Arbeiten knapp wird - für diese nicht so sehr geliebten Dinge freudige Besitzer zu suchen. Den ganzen Freitag lang stand ein Tisch mit solchen Töpfen, Schalen, Tellern, Tassen im Foyer. Ich hatte mir davon zwei schöne gelb-glasierte flache Henkeltöpfe mit in mein neues, aber noch etwas graues Büro geholt. Als ich abends nach Hause wollte, stand die Keramikerin zwar erleichtert, aber doch irgendwie betrübt am Tisch mit den einsamen Überbleibseln: "Hm, die müssen dann wohl weg, wenn sie keiner nimmt..." Da stand auch das Windlicht aus ganz hellem Ton. Etwas unbeholfen, etwas schief, kein Model eben, aber doch auch irgendwie anrührend. Ich hörte das angekündigte Scherbengeklirr scheppernd in meinen Ohren... und konnte das Windlicht nicht stehen lassen. Einen Samstag- und Sonntagabend lang leuchtete es mit auf dem Terrassentisch, ja,  etwas fad in seiner Färbung. Es überstand einen nächtlichen Regen, der es vom Weiß ins Beige feuchtete und das brachte mich auf die Idee.


In einen Topf mit angemessenem Füllstand stellen und ein wenig herumschwenken (was mir der besonderen "Akkuratesse" der Windlichtform angemessen schien)

Wie schon von einigen vermutet, habe ich die Reste des Holunders fürs Gelee nicht einfach auf den Kompost gebracht, sondern noch mal mit etwas Wasser und allen vorher weggepuhlten Resten zusammen aufgekocht und entsaftet, ein Honigglas voll von duftendem Farbsaft wartete im Kühlschrank. So begannen die Dinge ihren Lauf, denn im letzten Farbbad steht das Licht noch... Und dann wird es leuchten, vielleicht gar Reste von Holunderduft ziehen lassen, eventuell eine kleine Teekanne tragen und wärmen können?

Da, wo das Windlicht durch das Schwenken nur kurz Farbe abbekommen hat, trocknet es heller auf. Wo es 12 Stunden lang im Topf stand, intensiver farbig.
Fürs zweite Tauchbad von unten habe ich eine Schale mit geringerem Durchmesser genommen, um einen etwas breiteren Farbstreifen als oben zu erreichen.
Alltagsheld Holunder schicke ich dahin, wo solche Helden dienstags so fleißig gesammelt werden. Nach Gelee, Unterrichtsgegenstand, Herbariumseinsatz, Sommerstraußzubehör und Windlichtfärbung wird am Freitag in der Schule damit auch noch gekocht, Papier wird aus den Resten werden, und ein bisschen gemustert habe ich auch schon. Und das beste an diesem Alltagshelden: er ist einfach da und jetzt reif und hat so eine unglaubliche Farbe. Das schon vor der Nutzung geplante und durch Mitnehmen verhinderte Zubruch-Gehen des Windlichts und seine mit der Holunderfärbung verschönte Statur dürften auch Upcycling- und Crea-Dienstag - tauglich sein. EDIT - Und durch einen Zufall habe ich heute über den Creadienstag die bestrickend schön behäkelten Fahrräder wiedergefunden: bei Meertje.

13 Kommentare:

  1. Was für eine schöne Geschichte, liebe Ghislana, und der Holunderwaschgang steht dem Lichtlein ganz ausgezeichnet.
    Sei lieb gegrüßt von Nina

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  2. Hab's doch geahnt... :-) Schön, dass Du es aufgenommen hast. Und es jetzt noch mit dem Holunderhelden kuscheln darf. LG, Marja

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  3. Ach wie schön...ich mag solche nicht ganz perfekten Dinge sehr gern...wo man sieht, es wurde mit der Hand gefertigt...sie haben ihren ganz eigenen Charme...LG Lotta.

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  4. Ich hab´s gewusst - wozu Holunder nicht alles gut ist :-)
    Das Ergebnis ist doch toll und das Windlicht in seiner neuen Farbenpracht ebenfalls!

    Liebe Grüße,
    Sabine

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  5. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen. Ich freue mich für das kleine Windlicht, dass es bei dir so ein liebevolles Zuahuse bekommen hat.

    Liebe Grüße von Kirstin

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  6. Das passt so genau zu meinen Ton in Ton Planungen und Ausstellungsvorbeitungen, dieses Windlicht könnten wir glatt mit ausstellen, toll
    Grüße von Michaela

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  7. windlichttunken .... welch gute idee von diR.
    und wie heRRlich. etwas gelbes nun in deinem büRo. so musstest du nicht allzu lang waRten.
    habs gut, du liebe. heRzlich. käthe.

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  8. schön, dass du dir ein Herz genommen und das Windlicht adoptiert hast...und mit deiner Kreativität daraus etwas ganz besonderes geschaffen hast...:))
    liebste Dienstagsgrüße schickt dir Uli - die Kramerin

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  9. unheimlich schön nuanciert — die idee alleine schon so gut. wie nicht anders zu erwarten war ;)
    liebe grüße!

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  10. bin mal wieder platt was für Ideen Du doch hast.
    herzlich Judika

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  11. fein abgestaubt, liebe ghislana. und ja, das windllicht hätte bei mir auch ein neuese zuhause gefunden. egal ob schief und farblos....und jetzt sieht es richtig, richtig holunderfarbigfein aus. tolle Idee!
    liebe grüße
    mickey

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  12. Alltagsheld - so habe ich es noch nie betrachtet, und mir gefällt es, manches wieder mehr von dieser Seite aus anzusehen. Was für eine Veränderung für das Windlicht.
    Meine Großtante nannte mich als Kind Goldschatz,....und manchmal Sonnenschein.
    Einen lieben Gruß
    Birgit

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Ich freue mich sehr über eure Gedanken.
Bitte aber keine anonymen Kommentare.